Lange wurde behauptet, Klassenbegriffe taugten nicht mehr zur Analyse moderner Gesellschaften und lange gab es gar die Behauptung, soziale Klassen gäbe es nicht mehr. Die in Wien lebende Soziologin Carina Altreiter konstatiert dazu in einem Interview: „… heute fehlt uns gerade im deutschsprachigen Raum das Verständnis dafür, dass Gesellschaften Klassengesellschaften sind, dass es Ungleichheiten gibt, die sich entlang von Klasse reproduzieren.“ Doch seit einiger Zeit ändert sich das wieder. Dass wir unserer sozialen Herkunft nicht entkommen können, dass die Klassenzugehörigkeit immer bestimmen wird, mit welchen verschiedenen Voraussetzungen man in das Leben startet, ist aber ein Fakt. Wie haben sich die Erscheinungsformen von Klassen verändert? Wie äußert sich Klassismus? Gibt es ein Bewußtsein von „Klasse“ in den Theaterbetrieben und/oder auch in der Gestaltung des Programms der Bühnen? Wie kann Klassismus in der künstlerischen Arbeit thematisiert werden? Diesen und weiteren Fragen widmen wir uns mit den Gäst*innen in diesem Panel.
Moderation: Esther Holland-Merten
Betina Aumair © Robert Lösch
Betina Aumair, in einer Arbeiter*innen- und Armutsfamilie aufgewachsen, die erste, die studiert hat, nämlich Vergleichende Literaturwissenschaft und Gender Studies. Sie ist Autorin und als Gender- und Diversitybeauftragte in der Erwachsenenbildung tätig, Supervisorin, Schreibpädagogin und wenn es die Zeit erlaubt, auch als Text(il)künstlerin tätig. Arbeitsschwerpunkte kreisen u. a. um Klassenverhältnisse, Bildungspolitik, Sprache und Literatur. 2023 ist die überarbeitete Neuauflage des Buches, das sie mit Brigitte Theißl geschrieben hat, „Klassenreise. Wie die soziale Herkunft unser Leben prägt“, erschienen.
Ewe Benbenek © privat
Ewe Benbenek ist Autorin, sie wurde 1985 in Kamienna Góra/Polen geboren und kam Ende der 1980er-Jahre mit ihren Eltern nach Deutschland. Sie studierte Kulturwissenschaften an der Europa-Universität Viadrina, Politik- und Literaturwissenschaften am University College London, sowie Literaturwissenschaft an der Universität Erfurt. Für ihr erstes Stück „Tragödienbastard“, das 2020 am Schauspielhaus Wien uraufgeführt wurde, gewann sie 2021 den Mülheimer Dramatikpreis. Ihr aktuelles Stück „Juices“ wurde im Juni 2022 am Nationaltheater Mannheim uraufgeführt und verhandelt Fragen von Klassismus und Debatten um Arbeitsmigration aus Osteuropa.
Barbara Blaha © Ingo Pertramer
Barbara Blaha, geb. 1983, leitet das Momentum Institut, den Think Tank der Vielen, und ist Herausgeberin des Magazins MOMENT.at. Sie gründete 2007 die Kongressreihe „Momentum“, publiziert zu wirtschaftlichen und politischen Fragen in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften und veröffentlicht Bücher, darunter „Das Ende der Krawattenpflicht“. Sie ist außerdem Universitätsrätin der Universität Wien.
Verena Brakonier © privat
Verena Brakonier, Absolventin der Folkwang Universität der Künste, ist Tänzerin und Choreographin. Ihre Arbeit vereint künstlerische und aktivistische Ansätze, insbesondere in der Auseinandersetzung mit Körper und Klassismus. Seit 2019 führt sie den Blog www.classmatters-immernoch.de und entwickelt Arbeiten wie das auto-fiktive Tanzsolo „AUTO-FIKTION: DER STRUGGLE SO REAL“, den Kurzfilm HÄNDE“ und das Game „GLÄSERNE DECKE#unten“. In dem monatlichen Online-Treffen ANONYME ARBEITER:INNENKINDER ermöglicht sie u.a. solidarischen Austausch unter Working Class/Working Poor Künstler:innen.